Deutscher Bundestag Drucksache 17/9789 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Inge Höger, Christine Buchholz, Sevim Dag˘delen, Annette Groth, Andrej Hunko, Harald Koch, Stefan Liebich, Niema Movassat, Kathrin Vogler, Harald Weinberg und der Fraktion DIE LINKE. Anwendung des Malariamedikaments Lariam (Mefloquin) in der Bundeswehr
Das Malariamedikament Lariam mit dem Wirkstoff Mefloquin wurde vom Walter Reed Army Institute of Research für die Verwendung der US-Armee während des Vietnamkrieges entwickelt und wird von der Firma Roche Deutschland Holding GmbH produziert.
Seit Beginn der Anwendung berichten Soldatinnen und Soldaten von verstören- den Nebenwirkungen des Medikaments. Und auch international gibt es immer wieder Berichte, die einen Zusammenhang zwischen Kontrollverlusten und Gewaltverbrechen von Soldaten und Veteranen und der Einnahme von Lariam herstellen. Darüber hinaus kann Lariam zu Symptomen führen, die mit dem posttraumatischen Stresssyndrom vergleichbar sind, aber auch Persönlichkeits- störungen, spontan auftretende Stimmungsumschwünge, Gewaltausbrüche, De- pressionen, Panikattacken, Halluzinationen oder Selbstmordabsichten auslösen. In Kanada und nun auch in den USA tauchte wiederholt der Verdacht auf, dass Lariam für permanente Hirnschäden bei ehemaligen Soldaten verantwortlich ist. Die ehemalige führende US-Militärpsychiaterin Elspeth Cameron Ritchie warnt vor dem weiteren Gebrauch von Lariam.
Laut (in Studien zitierten) internen Dokumenten haben die Firma Roche Deutschland Holding GmbH mehr als 3 000 Berichte über mit der Droge in Ver- bindung stehende psychische Neben- und Nachwirkungen erreicht, die von Alb- träumen und Depressionen über Halluzinationen bis hin zu Psychosen und Aggressivität reichen (vgl. www.cbsnews.com/2100-500164_162-538144.html). Zwar leugnet die Firma Roche Deutschland Holding GmbH eine direkte Verbin- dung zu Selbsttötungen, interne Dokumente aber zeigen, dass der Firma in min- destens sieben Fällen bekannt ist, dass die Einnahme von Lariam zu Suiziden geführt hat. Mittlerweile beinhaltet auch die Packungsbeilage der Firma Roche Deutschland Holding GmbH entsprechende Warnungen. Die Firma Roche Deutschland Holding GmbH hat diese Bedenken in Briefen an Ärzte und andere Entscheidungsträger im medizinischen Sektor bekräftigt. Während eine von dem Pharmaunternehmen selbst in Auftrag gegebene Studie zu dem Schluss kommt, dass nur einer von 10 000 Patienten von den Nebenwirkungen betroffen sei, anerkennen unabhängige Studien Nebenwirkungen bei jedem hundertsten bis zweihundertsten Anwender (z. B.: „Comparison of adverse events associa- ted with use of mefloquine and combination of chloroquine and proguanil as antimalarial prophylaxis: postal and telephone survey of travellers“, in: British Medical Journal 1996; 313:525). „Es kam zu Zuständen, in denen sich die Per- sonen ganz klar von der Realität abgekoppelt hatten und ungewöhnliche Symp- tome aufwiesen, die man als Psychosen bezeichnen könnte“, so der Kommentar eines der Verfasser der Studie (Dr. Paul Clarke). Drucksache 17/9789
Im Rahmen von bewaffneten Auslandseinsätzen wurden die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr wiederholt auch in Gebiete entsandt, in denen die Malaria verbreitet ist. Bei den seit 1999 eingesetzten 120 000 Soldatinnen und Soldaten sind 26 Infektionen bekannt. Laut der Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit e. V. (DTG) gibt es im Falle des Afghanistaneinsatzes insgesamt nur eine geringe Ansteckungs- gefahr. Dieser begegnet der Sanitätsdienst der Bundeswehr seit 2002 mit der Verabreichung des Medikaments Lariam. Laut Auskunft des Bundesministe- riums der Verteidigung (BMVg) wurde das Medikament seit 2002 an jährlich zwischen 2 000 und 10 000 Bundeswehrsoldaten verabreicht. Bei Aktivitäten, „die eine ungestörte Aufmerksamkeit, räumliche Orientierung und Feinmotorik erfordern“, rät die DTG auf ihrer Internetseite von der Einnahme des Medika- ments ab. Laut der behördlich geprüften Fachinformation des Herstellers „kann die Fähigkeit zum Führen von Fahrzeugen und Flugzeugen, zum Bedienen von Maschinen, zum Tiefseetauchen oder zum Arbeiten ohne sicheren Halt während und bis zu drei Wochen nach der Anwendung von Lariam vermindert sein.“ In der ARD-Sendung „Kontraste“ (12. April 2012) berichtet ein Soldat der Bundeswehr, dass er über die psychischen Nebenwirkungen im medizinischen Zentrum bei der Verabreichung nicht informiert wurde.
Professor August Stich von der DTG erklärte: „Ich denke grundsätzlich, alle die in Afghanistan zu tun haben – und da schließe ich ausdrücklich die normalen Bundeswehrsoldaten mit ein – müssen keine Chemoprophylaxe mit irgend- einem Wirkstoff nehmen. Das ist ein Land, wo das Malaria-Risiko tatsächlich überschaubar gering ist. […] Wenn die Zahlen stimmen, dass 2 000 bis 10 000 Soldaten jedes Jahr in Afghanistan Lariam bekommen, dann muss man feststel- len, dass das nicht auf den Empfehlungen der Deutschen Tropenmedizinischen Gesellschaft basiert.“
1. Wie vielen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr wurde das Medika-
ment Lariam seit seiner Einführung verordnet?
Wie vielen wurde es zur Malariaprophylaxe, und wie vielen zur Therapie ver- ordnet (bitte nach Jahren und Einsatzgebieten aufschlüsseln)?
2. Wie viele haben trotz Empfehlung nach Kenntnis der Bundesregierung das
Arzneimittel nicht eingenommen, und wie vielen wurde es bei Einsatz in einem Malariagebiet nicht empfohlen (bitte nach Jahren und Einsatzgebieten aufschlüsseln)?
3. In wie vielen Fällen klagten Soldatinnen und Soldaten über Nebenwirkun-
gen, und welche waren dies (bitte nach Jahren und Einsatzgebieten aufschlüs- seln)?
4. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass Lariam die psychische Ge-
5. Wird Lariam trotz expliziter Warnungen in der Fachinformation auch bei
Soldatinnen und Soldaten eingesetzt, die Fahrzeuge oder Flugzeuge führen, Maschinen bedienen, Tätigkeiten ohne sicheren Halt ausüben oder zu deren Tätigkeitsprofil das Tragen und gegebenenfalls der Gebrauch von Schuss- waffen gehört?
6. Wie viele Fahrzeugunfälle sind unter dem Einfluss von Lariam verursacht
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7. Hält die Bundesregierung Tätigkeiten, die das Führen einer Schusswaffe
und die Möglichkeit ihres Einsatzes einschließen, für vergleichbar mehr oder weniger anspruchsvoll, wie etwa das Führen eines Kraftfahrzeugs (bitte begründen)?
8. Hält die Bundesregierung es für unbedenklich, Lariam mit seinem spezifi-
schen Nebenwirkungspotential bei Personen einzusetzen, die aufgrund einer Kommandofunktion schnell und rational lebenswichtige Entscheidun- gen treffen müssen?
9. Wie erklärt die Bundesregierung die Disparität zwischen der vom BMVg in
einer Sachstandsmitteilung an den Abgeordneten Paul Schäfer vom 14. Fe- bruar 2011 verlautbarten Einschätzung, dass psychotische Reaktionen mit einer Häufigkeit von nur 1:12 000 aufträten, und anderen Studienergebnis- sen?
a) Auf welche Studie stützt sich die Einschätzung des BMVg?
b) An wie vielen Probanden wurde die Untersuchung wann durchgeführt?
10. Ist für die Verordnungen von Arzneimitteln für Auslandseinsätze der Bun-
deswehr deutsches Recht gültig (bitte begründen)?
a) Gilt das auch für untergesetzliche Bestimmungen, etwa der Ärztekam-
b) Falls ja, sieht die Bundesregierung in Art und Umfang der Anwendung
von Lariam die geltenden deutschen Bestimmungen erfüllt (bitte begrün- den)?
11. Werden die Soldaten der Bundeswehr über das mögliche Ausmaß der
a) Falls ja, in welcher Form, und durch wen?
Wird in einem persönlichen Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt sichergestellt, dass die/der Betroffene die Aufklärung verstanden hat und wird ihr/ihm die Möglichkeit gegeben, Rückfragen zu stellen?
b) Welche Informationen beinhaltet diese Aufklärung?
Wie wird diese Aufklärung dokumentiert?
c) Wie erklärt die Bundesregierung den Widerspruch zwischen der Erklä-
rung des BMVg, die Soldaten würden aufgeklärt, und die in Medien- berichten wie in der ARD-Sendung „Kontraste“ am 12. April 2012 zitier- ten Stimmen von Soldaten, die erklären, das sei nicht geschehen?
d) Hat die Bundesregierung Kenntnis von Vorwürfen, dass das Informa-
tionsblatt für Soldaten zu Lariam die Nebenwirkung verharmlost?
Falls ja, wie reagiert die Bundesregierung darauf?
12. Werden die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr über die Malaria-
risiken in den Einsatzgebieten aufgeklärt?
Falls ja, wie sieht diese Aufklärung aus, und von wem wird sie durchge- führt?
13. Geschieht die prophylaktische Gabe von Lariam an die Soldatinnen und
Soldaten auf freiwilliger Basis oder ist sie Voraussetzung für einen Einsatz im Ausland?
Was geschieht, wenn Soldatinnen/Soldaten sich weigern, Lariam einzuneh- men?
14. Welche anderen Arzneimittel zur Malariaprophylaxe werden und wurden
wie häufig eingesetzt (bitte nach Jahren und Einsatzgebieten aufschlüsseln)?
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15. Wie viel Prozent der Soldatinnen und Soldaten nehmen in malariagefährde-
16. Werden den Soldatinnen und Soldaten auch alternative Schutzmaßnahmen
17. Wer entscheidet darüber, ob einer Soldatin/einem Soldaten Lariam verord-
18. Welche Kriterien gelten für den prophylaktischen Einsatz von Malariaarz-
19. Sind diese Kriterien deckungsgleich mit den Empfehlungen der Fachgesell-
a) Falls nein, wo unterscheiden sie sich im Einzelnen?
b) Falls nein, mit welchen Begründungen weicht die Bundesregierung von
c) Falls ja, wie kommentiert die Bundesregierung die oben zitierten Aus-
sagen von Prof. August Stich, dass dem nicht so wäre?
20. Welche Erkenntnis hat die Bundesregierung zu der für das Auftreten von
Nebenwirkungen relevanten Gesamtdosis des Medikaments, und wie wirkt sich dies auf die übliche Dauer der Vergabe von Lariam aus?
21. Wie verhält sich die Bunderegierung zu Berichten (z. B.: www.sueddeut-
sche.de/wissen/amoklauf-in-afghanistan-wahnvorstellungen-als-nebenwir- kung-1.1319342), dass Zusammenhänge zwischen der Einnahme von Lariam und der Begehung von Straf- und Gewalttaten, wie den Morden durch Soldaten in Fort Bragg oder dem Massaker an 17 Zivilisten in Kanda- har 2012, vermutet werden?
22. Welche Gefährdung ergibt sich für die Bevölkerung in den Einsatzgebieten
der Bundeswehr durch Soldaten, die unter neuropsychischen Nebenwirkun- gen von Lariam leiden?
23. Welche Regierungen haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung gegen
die prophylaktische Gabe von Malariaarzneimitteln in vergleichbaren Ein- satzgebieten entschieden?
Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus?
24. Weshalb wird das Medikament nach Kenntnis der Bundesregierung nicht an
Pilotinnen und Piloten bzw. Taucherinnen und Taucher verabreicht?
25. Aus welchen Gründen verwendet der Sanitätsdienst der Bundeswehr Lariam
bevorzugt gegenüber alternativen Medikamenten (bitte jeweils Vor- und Nachteile für die wichtigen Einsatzgebiete der Bundeswehr aufführen)?
26. Wird in absehbarer Zeit ein Wechsel des Medikaments beabsichtigt?
Falls ja, welches Medikament soll alternativ eingesetzt werden?
27. Welche alternativen Malariamedikamente haben aus welchen Gründen
28. Stützt sich die vom BMVg angenommene Unbedenklichkeit des Medika-
ments Lariam auf die Einschätzung der DTG?
a) Wie erklärt das BMVg in diesem Falle den Widerspruch zu der zitierten
Aussage von Prof. August Stich, der konstatiert, dass sich die Vergabe nicht an den Vorgaben des Instituts orientiere?
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b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Einschät-
zung von Prof. August Stich, dass eine Chemoprophylaxe für Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan nicht notwendig sei?
c) Auf welche Studien stützt sich die Einschätzung des BMVg andernfalls?
d) Hat die Bundeswehr eigene Studien zu den vermuteten Nebenwirkungen
29. Wie beurteilt die Bundesregierung den vermuteten Zusammenhang der Ver-
gabe von Lariam und stetig steigender Zahlen von Posttraumatischen Belas- tungsstörungen (PTBS)?
Wie wird unterschieden, ob es sich bei entsprechenden Symptomen um Ne- benwirkungen von Lariam oder um eine PTBS handelt?
30. Welche Konsequenz zieht das BMVg angesichts einer durch verschiedene
internationale Studien belegten Häufung neuropsychischer Nebenwirkun- gen aus seiner Einschätzung, dass „ein über den Einzelfall hinausgehendes Auftreten solcher Probleme unter einer Medikation [sich] deren Anwen- dung im Kontext eines militärischen Einsatzes verbieten [würde]“ (Sach- standsinformation des BMVg an den Abgeordneten Paul Schäfer vom 7. Fe- bruar 2011)?
31. Übt die Firma Roche Deutschland Holding GmbH beratende oder andere
Funktionen bei der Bundeswehr bzw. dem BMVg aus?
a) Sind oder waren ehemalige Angestellte der Bundeswehr bzw. des BMVg
bei der Firma Roche Deutschland Holding GmbH beschäftigt?
b) Wenn ja, welche Funktionen hatten diese Angestellten bei der Bundes-
c) Sind bzw. waren Personen, die aktuell oder früher bei der Firma Roche
Deutschland Holding GmbH unter Vertrag standen, im BMVg einge- setzt?
Dr. Gregor Gysi und Fraktion
Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
Evaluation of in vitro Activities of Tigecycline and Various AntibioticsBETIL OZHAK-BAYSAN1, GOZDE ONGUT1, DILARA OGUNC1, FILIZ GUNSEREN2*,NEVGUN SEPIN-OZEN1, FERYAL OZTURK3, ORHAN CEM AKTEPE4 and MERAL GULTEKIN11 Akdeniz University Faculty of Medicine, Department of Medical Microbiology, Antalya, Turkey 2 Akdeniz University Faculty of Medicine, Department of Clinical Microbiology4 Afyon Koca
CHRONIC NON-BACTERIAL PROSTATITIS AND THERMAL THERAPY LITERATURE Third International Chronic Prostatitis Network Transrectal thermotherapy of chronic prostatitis H. Ljungnér Assistant Professor and Private Practitioner, Halmstad Sweden Transrectal thermotherapy (TRT) is an effective way to improve prostatitis of a chronic nature. Its mode of action is not clear b