Neurodermitis im Kindesalter Die frühzeitige Therapie ist
matchentscheidendMARC PLEIMES, PETER SCHMID-GRENDELMEIER, LISA WEIBEL, ZÜRICH
Eine grundsätzliche Heilung der Veranlagung zur atopischen Derma- titis ist nicht möglich. Die genetische Disposition besteht lebenslang. Entgegen gängigen Vorstellungen bestehen weiterhin nur bei einem
ekzematösen Entzündungsreaktionen. relativ geringen Anteil der Kinder relevante Triggerfaktoren wie Nah-
Andere Triggerfaktoren (Tab. 1) kön- rungsmittel- oder andere Allergien oder weitere Auslöser. Die Pro- gnose der atopischen Dermatitis ist trotzdem gut und in Dreiviertel
nicht die Ursache des atopischen Ekzems.
Eine Meidung dieser Trigger führt allen-
der Fälle sistieren die Symptome bis zum Alter von zehn Jahren.
falls zu einer Verbesserung, fast nie aber
atopischen Dermatitis und sind ebenfal s
assoziiert mit einer erhöhten Atopienei-
gie) und einer erhöhten Infektanfällig-
führt häufig zu sehr einschränkenden,
Impfungen
pischer Dermatitis liegt zwischen 20 und
tis ist bei geimpften und nichtgeimpften
nicht primär eine allergische Reaktion.
Die atopische Dermatitis ist eine der häu-
abschnit te, und eine erniedrigte Expres-
figsten Erkrankungen im Kindesalter. Bis
mit telschweren bis schweren Fällen von
atopischer Dermatitis nachweisbar [2, 3].
ten sogar einen erweiterten Impfplan mit
tio nen von wichtigen Struktur-Proteinen
Abb. 1: Wangenekzem bei einem Säugling Abb. 2: Beugenekzem bei einem 10-jährigen Jungen Diagnostik
Eine allergologische Diagnostik ist gera-
Klinische Präsentation
schliesslich gestillten Säuglingen hat sie
zem häufig nicht erfolgen. Oft zeigen sich
auf eine weitere Labordiagnostik verzich-
Bei Säuglingen sind vorwiegend der Kopf
bei Hinweisen für eine allergische Sofort-
und die Gesichtshaut betroffen (Abb. 1).
Es bestehen oft nässende, teilweise bak-
Abb. 3: Nummuläres, teils superinfiziertes
mitätenstreckseiten können befal en sein.
längerfristigen hohen Bedarf an antient-
grossen Beugen betroffen (Abb. 2), wo-
oder TierpflegerIn sind wegen des erhöh-
bei grundsätzlich auch andere Stellen an
ten Risikos von al ergischer Rhinitis oder
Differenzialdiagnosen
tenz oder bei erneutem Auftreten der ato-
rodermitis gehören im Kindesalter sebor-
Dermatitis, die bei ca. 10–15% der Kin-
der auftritt, ist das nummuläre atopische
falls kann ein allfälliger Zinkmangel zu
Ekzem (Abb. 3). Nummuläre Läsionen
sind häufig therapieresistenter als typi-
atopischen Diathese ein erhöhtes Risiko,
im periorifiziellen Bereich führen.
gleichzeitig oder vor allem später an Al-
Therapie
Ziel der Therapie (Tab. 2) ist das Errei-
chen einer möglichst vollständigen Sym-
ler Kinder mit atopischer Dermatitis –
assoziierten Nahrungsmittelal ergien auf
rohes Stein- und Kernobst oder Sellerie)
führen direkt zu einer Verschlechterung
kann mithilfe einer Basistherapie die epi-
dermale Barriere optimal intakt gehalten
zierung des Ekzems steht der Leitsatz «no
Tab.1: Mögliche Triggerfaktoren bei atopischem Ekzem
ein proaktives Management ist indiziert.
Die Therapie basiert dabei auf folgenden
Malassezia furfur (Head & Neck type Ekzem)
Nahrungsmittel, Hausstaubmilben, Pollen etc.
Austrocknung der Haut, Wärme (verstärkter Juckreiz), Schwitzen
Tab. 2: Behandlung der atopischen Dermatitis Basistherapie:
Für einen zusätzlichen Rehydrierungsef-
t 1x tägliche Ölbäder (10 min, lauwarm), bei älteren Kindern alternativ Duschen mit Öl
Zusätzliche antimikrobielle Massnahmen besonders bei generalisierten Ekzemen
t Antiseptische Waschmittel (z.B. Procutol®) zum Ende des Bades
t Antiseptische Zusätze (z.B. Triclosan 1% für Kleinkinder, Triclosan 2% ab Schulalter)
Bei bakterieller Superinfektion (nicht bei nur reiner Kolonisation):
t Einsatz einer systemischen Antibiotika-Therapie (z.B. Amoxicillin+Clavulansäure oder
Spezifische antientzündliche Therapie Spezifische Therapie
t Topische Steroide Klasse II (z.B. Emovate® Salbe, Locoid® Lipocreme, Locoid® Skalp-
Topische Kortikosteroide werden seit
t Topische Steroide Klasse III (z.B. Prednitop® Salbe (breiteste Zulassung), Elocom® Salbe
der atopischen Dermatitis eingesetzt und
(ab 6 Monate, kurzzeitig), Cutivate® Salbe (ab 3 Monaten für akute Ekzeme, zur proakti-
t Therapie bei akutem Ekzem: Topische Kortikosteroide 1xtgl. abends nach dem Bad
auf ALLE betroffenen Stellen für fünf aufeinanderfolgende Tage, dann zwei Tage Pause
(ggf. 2–4x wiederholen). Bei grossflächiger Behandlung im Säuglings-/Kleinkindesalter
ggf. verdünnt, z.B. 1:1 in Cremegrundlage
t Intervalltherapie: Topische Kortikosteroide noch für zwei (bis drei) aufeinanderfolgen-
de Tage (gefolgt von 4–5 Tagen reiner Basispflege)
Eine allfällige Hautatrophie, die Ausbil-
t Bei Behandlung von Gesicht, Genitale oder Intertrigines über mehr als eine bis zwei Wochen: Topische Calcineurin-Inhibitoren (Elidel® Creme, Protopic® Salbe 0,03% und Erweiterte Therapie (Fachzentren oder in der Behandlung sehr erfahrene Kollegen):
t Phototherapie: ab acht bis zwölf Jahre, (UV-B 311nm [evtl. UVA-1])
ser Präparate ist dennoch das «Kortison-
t Systemisch: Azathioprin, Cyclosporin A, systemische Steroide (kurzzeitig), Methotrexat,
Gespräch» mit den Eltern unumgänglich.
Bei Nachweis von spezifischem IgE gegen Hausstaubmilben:
t Dreiteiliges milbendichtes Encasing für den Schlafbereich, hausstaubreduzierende
Spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung):
t Vor allem bei assoziierten Atemwegsallergien mit nachgewiesener Sensibilisierung
te) der topischen Präparate (Merke: die
Adjuvante Therapie:
t Spezialunterwäsche/-schlafanzüge (z.B. DermaSilk®), ausreichend Flüssigkeit trinken,
steroide aus); Vorteile der sog. «Soft-
Steroide» (nicht-fluorierte Kortiko ste-
fernt Salbenrückstände und wirkt einer
ungünstigen mikrobiel en Besiedlung der
• Langzeit-Sicherheitsaspekte durch die
Basistherapie
• Strategie einer proaktiven Therapie für
sche mit einer antiseptischen hautfreund-
Alternativ können Antiseptika (z.B. Tric-
zur Basistherapie eingesetzt wird, ist in-
Bei älteren Kindern können auch Öl-Du-
pidgehalt kann dabei der Trockenheit der
dritten Lebensjahr und prinzipiell als se-
wie zum Beispiel Desloratadin (Aerius®,
sonders bei Säuglingen und Kleinkindern
Beispiel 2 – 4×). Bei Besserung der Haut
tervalltherapie erfolgen. Hierbei werden
Fazit für die Praxis
der Präparate entstehendes Brennen, was
Ursache für die atopische Dermatitis ist
auftritt und bei Kindern sehr viel selte-
ner als bei Erwachsenen beobachtet wird.
heilen, sollten topische Kortikosteroide
Für akut entzündliche Befunde empfiehlt
sen, sind aber nicht ursächlich für die Er-
gen lässt sich die Befürchtung eines po-
Merke: Bei Beginn der Therapie soll-
Haut verlangen grundsätzlich nach einer
lung möglichst rasch zu erreichen. Beim
krete Fälle belegen [7]. Um einer mögli-
Ausschleichen der Therapie sollte dassel-
be Präparat als Intervalltherapie verwen-
cineurin-Inhibitoren). Es gibt heute Hin-
det werden (nicht aber auf ein schwäche-
weise dafür, dass eine frühzeitige proak-
sollten diese Präparate jedoch möglichst
tive Ekzemtherapie mit Wiederherstel ung
eine solche Intervalltherapie auch im Sin-
ne einer proaktiven Therapie bei bereits
heit auskennen. Um den vielfältigen Fra-
tiven Behandlung ist es, gar keine neuen
damit eine längerfristige Stabilisierung
Calcineurin-Inhibitoren hemmen
wendung von Protopic® oder Elidel®.
für Betroffene (Kinder und deren Eltern)
Ergänzende Massnahmen
che Schulungszyklen an (z.B. www.aha.
Unterstützend kann die Basistherapie um
spezielle Textilien (z.B. Derma Silk®, ein
Tacrolimus (Protopic®-Salbe) ist bei Kin-
antimikrobiell veredeltes Seidentexil) er-
Elidel®-Creme entspricht ungefähr einem
Literaturliste beim Verlag Dr. med. Marc Pleimes
Gegen den Juckreiz können Antihis-
besondere für problematische Areale (Ge-
sicht, intertriginöse Areale, anogenital).
allerg®) sollten dabei nur bei Säuglingen
Bei älteren Kindern empfehlen sich tags-
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