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GESUNDHEIT
im Laufe der Sitzungen heraus. Die Berliner Pädagogin zum Beispiel will sich künftig an Neurodermitis:
die WHO-Empfehlung für Frauen halten: am Abend nicht mehr als eine Flasche Bier oder ein Glas Wein, das sind 20 Gramm Alkohol. Außerdem nimmt sie sich zwei alkoholfreie riskante Salben
Tage pro Woche vor. Das klappt nicht immer, aber immer besser: „Wenn ich bei einem Nie wieder Alkohol? Wer abhängig oder gefährdet ist, Vor zwei Jahren kamen sie bei uns auf
Fest mal drei Bier und drei Schnäpse trinke, wirft mich das nicht aus der Bahn, weil ich den Markt: Neurodermitis-Salben mit
kann es auch anders versuchen. Denn Lernprogramme weiß: Den Rest der Woche habe ich das wieder im Griff.“ den Wirkstoffen Tacrolimus und Pime-
zum kontrollierten Trinken zeigen gute Erfolge „Erfolg ist, wenn die Menschen ihren Alkoholkonsum reduzieren“, stellt die Suchtthe- crolimus. Jetzt warnt die amerikanische
Gesundheitsbehörde FDA davor, die
rapeutin Heger fest. Internationale Studien zeigen: Fast zwei Drittel der Teilnehmer Am Wochenende ein üp-
Salben zu häufig, zu lange und zu üppig
solcher Kurse schaffen es, zwischen 30 und 60 Prozent weniger zu trinken, und dieser piges Essen mit Wein,
aufzutragen. Zwar verhindert der ganz
Erfolg hält oft über Jahre an. Für andere wird der Versuch des kontrollierten Trinkens neue Wirkmechanismus der Salben die
ein Schritt zur Selbsterkenntnis. In fast jedem Kurs sitzen einige Teilnehmerinnen oder überschießenden Immunreaktionen der
Teilnehmer, die schließlich ganz auf Alkohol verzichten – weil sie merken, dass sie ihre Haut, die ein unerträgliches Jucken aus-
Abhängigkeit nur durch radikale Abstinenz in den Griff bekommen. MARTINA KELLER
lösen können. Andererseits aber haben
Mehr Informationen zum Thema: www.brigitte.de/alkohol mehrere Studien gezeigt, dass die Unter-
drückung der Immunabwehr im Körper
Gruppen und Einzeltrainings zum kontrollierten Trinken bieten rund 170 Sucht-
die Entstehung bestimmter Krebsfor-
therapeutinnen und -therapeuten in ganz Deutschland an. Einige Krankenkassen
men (Lymphome) fördern kann. Auch
beteiligen sich an den Kosten. Selbstlernprogramme gibt es im Internet oder als
bisher waren die Salben nur für Neuro-
Handbuch. Nähere Infos: www.kontrolliertes-trinken.de oder GK Quest Akademie,
dermitiker zugelassen, denen keine
Maaßstraße 28, 69123 Heidelberg, Tel. 062 21/739 20 30.
andere Behandlung mehr half. Nun ist
noch mehr Zurückhaltung geboten.
gibt es in Trainingsprogrammen zum so genannten kontrollierten Trinken: Immer mehrSuchtberatungsstellen bieten dazu gezielt Gruppen oder Einzelgespräche an.
Für Frauke Schneider* zum Beispiel wurde eine Zeitungsnotiz über diesen neuen Ansatzin der Suchtvorbeugung zum Wink mit dem Zaunpfahl. Die Leiterin einer Berliner Kin-dertagesstätte hatte ihr Leben scheinbar im Griff. Nicht aber ihren Alkoholkonsum: JedenAbend Bier, Wein oder Schnaps – das behagte ihr selber nicht. Immer häufiger nahm siesich vor, wenigstens einen Tag ohne Alkohol auszukommen. Immer häufiger quälten sieSchuldgefühle, weil sie es wieder nicht schaffte. Oder Sabine Boettger*: In der Karriere der37-Jährigen lief lange Zeit alles glatt. Das änderte sich nach der Trennung von ihrem Partner. Einsamkeit und Leere versuchte sie jeden Abend mit anderthalb Litern Wein zubetäuben. Morgens schaffte sie es kaum mehr aus dem Bett, spürte, dass sie in wichtigenVerhandlungen oft fahrig und unkonzentriert reagierte. Massive Alkoholprobleme kommen bei Frauen seltener vor als bei Männern – sagt die Statistik: Nur 23 Prozent der Ratsuchenden in Beratungsstellen und Suchtkliniken sindweiblich. Doch wo Gruppen oder Einzeltrainings zum kontrollierten Trinken angebotenwerden, nehmen 35 bis 40 Prozent Frauen teil. Das verhaltenstherapeutische Programm,das in seiner heutigen Form von dem Nürnberger Suchtforscher Joachim Körkel entwickeltwurde, bricht mit einem althergebrachten Dogma der Suchthilfe: dass Alkoholproblemenur zu lösen seien, wenn die Betroffenen bereit sind, nie wieder einen Tropfen zu trinken. Auch Frauke Schneider, die das Programm in Einzelsitzungen absolvierte, war überrascht,dass sie einfach weitertrinken durfte wie bisher. Nur die Umstände ihres Konsums musstesie in einem Trink-Tagebuch notiern. Als Erstes stellte sie fest, dass sie mehr trank, als siesich eingestanden hatte, mit zwei Bier am Abend war es nicht immer getan. Dann fand sieheraus, wann ihr Konsum ausuferte: Vor allem bei Konflikten mit ihrem Mann oder nachstressigen Arbeitstagen spülte sie Ärger und Anspannung mit Bier oder Höherprozen-tigem herunter. „Es ist typisch für Frauen, dass sie aus Kummer über Konflikte trinken“,sagt Rosemarie Heger, Suchttherapeutin in der Berliner Beratungsstelle „Die Gierkezei-le“, „bei Männern geht es eher darum: Wer säuft wen als Erstes unter den Tisch?“Ihren Alltag so zu gestalten, dass Entspannung nicht nur durch Alkohol möglich ist, lern-te Frauke Schneider in den Einzelstunden. Zum kontrollierten Trinken gehört aber auch,den Alkoholkonsum für die Woche zu planen. Realistische Ziele stellen sich dabei oft erst Foto: Big Shots/Getty

Source: http://www.kontrolliertes-trinken.at/download/presse/kt_brigitte-172005.pdf

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