NATUM-Tag Baden-Baden 2010 Abstracts ___________________________________________________________________ Warum wählen Brustkrebspatientinnen komplementäre Therapien? Klinische und psychologische Hintergründe Prof. Dr. Alexander Herzog, Bad Salzhausen
An der Gesamtzahl der Krebstodesfäl e gemessen ist die Zahl der Brustkrebs-
Todesfäl e keinesfal s die größte. So sterben beispielsweise mehr Menschen an
Lungenkrebs oder an Darmkrebs. Dennoch ist die Brustkrebserkrankung wie kaum
eine andere Krebserkrankung Fokus der Öffentlichkeit, der wissenschaftlichen
Forschung, aber auch der alternativen Therapieverfahren. Über keine
Krebserkrankung werden mehr Bücher in der Laien-Presse geschrieben, bei keiner
Behandlungsmöglichkeiten so kontrovers diskutiert.
Verschiedene Faktoren dürften hierbei eine Rol e spielen: die Radikalität des Eingriffs
mit häufig erheblichen Folgen für das soziale und sexuel e Erleben, die Unsicherheit
in der Frühdiagnostik, die Ungewissheit über den weiteren Verlauf und nicht zuletzt
das lebenslang bleibende Risiko eines Rezidivs oder von Metastasen. Die
mittlerweile sogar über das Internet abrufbaren stadienabhängigen statistischen
Risikoprofile sind keine wirkliche Hilfe für die individuel e Patientin. Ein Gefühl der
Ohnmacht in einem immer als bedrohlich empfundenen Krankheitsprozess ohne
eindeutige Festlegungen durch die medizinischen Experten könnte eine Triebfeder
sein sich alternativen Behandlungsverfahren zuzuwenden. Eindrucksvol e
Kasuistiken zeigen, dass aus dieser Unsicherheit heraus Patientinnen sich
charismatischen alternativen Behandlungsverfahren verschreiben und diese selbst
dann weiter verfolgen, wenn die Krankheit offensichtlich voranschreitet mit schließlich
fatalen Folgen. Um dies zu verhindern, ist eine einfühlsame Beratung erforderlich, die
auch eine Diskussion von Chancen und Risiken alternativer Behandlungsverfahren
NATUM-Tag Baden-Baden 2010 Abstracts ___________________________________________________________________ Was die Naturheilkunde Brustkrebspatientinnen bietet, die unter der Hormontherapie leiden
Dr. med. Johannes Naumann, Freiburg
Brustkrebs ist die häufigste Tumorerkrankung der Frau in der westlichen Welt. Ca.
2/3 der Tumore sind hormonrezeptorpositiv und erfordern eine antihormonel e
Therapie. Viele Patientinnen leiden hierdurch bedingt unter ausgeprägten
Das Auftreten von Nebenwirkungen unter antihormonel er Therapie bei Brustkrebs ist
einer der Hauptgründe für einen Therapieabbruch.
Eine Östrogen-Gabe zur Linderung der klimakterischen Beschwerden ist zumindest
bei Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs kontraindiziert.
Konventionel pharmakologisch werden meist Clonidin, Gabapentin und die
verschrieben [Boekhout AH et al. 2006]. Viele Frauen lehnen eine derartige
Behandlung, die ebenfal s wiederum Nebenwirkungen hervorrufen kann, jedoch ab
und suchen nach komplementärmedizinischen Therapiemöglichkeiten.
Der Vortrag geht auf die naturheilkundlichen Möglichkeiten zur Linderung
klimakterischer Beschwerden bei Brustkrebs ein.
Grundlage bildet die aktuel von Dr.Naumann durchgeführte Literaturrecherche zu
dieser Frage, bei der die wissenschaftliche Situation untersucht wird, aber auch
sogenannte Expertenmeinungen eingeholt werden, um diese Frage umfassend
Neben pflanzlichen Stoffen wie Phytoöstrogene aus Soja und Rotklee, Leinsamen,
Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa), wird auf Salbei Baldrian, Melisse und
Hopfen Johanniskrautextrakte und Akupunktur (traditionel , Ohr, Elektro) Hypnose,
Homöopathie, Physikalische Therapien (Massage), Achtsamkeit, Yoga und weitere
Entspannungsverfahren, z. B. auch Audiotapes u. a. eingegangen.
NATUM-Tag Baden-Baden 2010 Abstracts ___________________________________________________________________ Wenn die Lust wehtut: Diagnostik und Therapie von Kohabitationsbeschwerden
Prof. Dr. Ingrid Gerhard, Heidelberg
Jede zweite Frau hat schon in gewissen Phasen ihres Sexual ebens die Erfahrung
gemacht, dass die Lust beim Geschlechtsverkehr durch Schmerzen schnel zum
Versiegen kommt. Und etwa 25% der Frauen habe dieses Problem über eine längere
Zeit und sind behandlungsbedürftig. Dabei ist die Dunkelziffer hoch, denn viele
getrauen sich aus Scham oder Angst nicht, darüber zu sprechen. Umfragen haben
ergeben, dass Frauen sich wünschen, dass ihr Arzt von sich aus auf das Thema
Sexualität zu sprechen kommt. Es gilt also auch für die ÄrztInnen, jegliche Scham
abzulegen und entsprechende Fragen in die normale Anamneseerhebung
Klagt die Patientin über Schmerzen beim Sexualakt, dann lässt sich meist schon
durch die genaue Befragung klären, ob eine körperliche oder eher seelische Ursache
dahinter steckt. Wann traten die Schmerzen zum ersten Mal auf, jedes Mal, zu
Anfang oder im Verlaufe der Intimitäten, bei bestimmten Stel ungen oder Praktiken,
Ehe man von einer seelischen Ursache oder Partnerproblematik ausgeht, muss eine
genaue gynäkologische Untersuchung stattfinden: Inspektion, Abstriche, Palpation,
• Narben durch Geburten, Beschneidungen oder andere Verletzungen
• Entzündungen durch Parasiten, Bakterien, Pilze usw.
• Trockenheit der Scheide bei Hormonmangel (nicht nur im Klimakterium,
sondern auch unter Verhütungspil en möglich)
• Verwachsungen nach Operationen oder Infektionen
Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Störung. Jedoch kann es durchaus
sein, dass auch nach einer gezielten Behandlung die Schmerzen nicht sofort
NATUM-Tag Baden-Baden 2010 Abstracts ___________________________________________________________________
verschwinden. Denn der Teufelskreis aus Schmerzen- Angst- Schmerzen lässt sich
manchmal nicht durch die al einige körperzentrierte Therapie unterbrechen.
Psychotherapie, Verhaltenstherapie, Paartherapie müssen oft ergänzend angeboten
werden. Schließlich bieten auch die Naturheilverfahren hervorragende Möglichkeiten
zur Heilung an, wie bspw. Neuraltherapie, TCM, Homöopathie, physikalische
NATUM-Tag Baden-Baden 2010 Abstracts ___________________________________________________________________ Lichen sclerosus - naturheilkundliche Behandlung ohne Kortison Dr. Christa Goecke, Bremen
Allgemeines zum Lichen sclerosus Der
Bindegewebserkrankung der Haut. Die Hautveränderungen treten meist anogenital
auf, nur ca. 15% befinden sich extragenital. Er zeigt einen schubförmigen Verlauf mit
häufig langen Ruheperioden. Deshalb sol te eine kontinuierliche Beobachtung der
Hautveränderungen erfolgen. Wichtig für betroffene Frauen sind regelmäßige
ärztliche Untersuchungen, da eine Koinzidenz (Angabe zwischen 5-20%) mit
anderen intraepithelialen Neoplasien im Vulva-, Zervikal- oder auch Vaginalbereich
möglich ist. Frauen sind vom Lichen sclerosus häufiger betroffen als Männer und
Kinder. Bei Kindern erfolgt oft eine Spontanheilung in der Pubertät. Typischerweise
tritt er bei den Frauen nach der Menopause auf, grundsätzlich ist aber kein
Lebensalter ausgeschlossen. Ca. 0,2% der Patienten einer dermatologischen Praxis
und eher etwas mehr in der gynäkologischen Praxis sind davon betroffen.
Man vermutet eine autoimmune Ursache beim Lichen sclerosus, da er gehäuft
zusammen mit anderen Autoimmunerkrankungen auftritt.
Am auffäl igsten ist die Veränderung der Haut, die durch die fortschreitende
Schrumpfung pergamentartig dünn und später meist perlmuttartig erscheint.
Typische Symptome sind Pruritus, Dysurie, und Dyspareunie. Häufig sieht man dort
Kratzspuren und Blutungen. Als Begleiterkrankung kommt es gehäuft zu
Pilzinfektionen oder anderen bakteriel en Infektionen in diesem Hautareal.
Zur Diagnosesicherung sol te eine Probeexzision aus diesem Bereich erfolgen.
Da die Erkrankung chronisch ist, besteht das Therapieziel im Erlangen von
Beschwerdefreiheit beim Patienten. Man hat jedoch keinen Einfluss mehr auf die
bereits erfolgten Vernarbungen und Verengungen der Scheide. Schulmedizinische
Therapien der ersten Wahl sind kortisonhaltige Salben, die z.T. hochdosiert lokal
angewendet werden. Des Weiteren werden häufig östrogenhaltige Salben
verwendet. In beschwerdefreien Zeiten kommen Fettcremes zum Einsatz. Bei
Komplikationen erfolgt eine chirurgische Behandlung. Männern wird eine
NATUM-Tag Baden-Baden 2010 Abstracts ___________________________________________________________________ Behandlung des Lichen sclerosus ohne Kortison
Diskutiert wird in Expertenkreisen, dass die langfristige, hochdosierte lokale
Anwendung des Kortisons das Entstehen der Plattenepithelcarcinome beim Lichen
sclerosus begünstigt. Deshalb ist mein Bestreben, bei meinen Patientinnen dauerhaft
auf kortisonhaltige Salben zu verzichten. Dies gelingt mir durch das Auftragen von
Aromaöl-Mischungen. Die ätherischen Öle sind nicht wasserlöslich aber fettlöslich,
und benötigen deshalb als Trägersubstanz ein fettes Öl. Als Trägeröl verwende ich
Mandelöl, da es zu den fetten Pflanzenölen zählt mit einem hohen Anteil
ungesättigter Fettsäuren. Die Pflanzenöle werden Dank ihrer Ähnlichkeit mit unserem
Hautfett sehr gut über die Haut aufgenommen. Im Gegensatz dazu stehen die
tierischen und mineralischen Fette. Diese werden kaum von der Haut aufgenommen
und verstopfen die Poren, da sie aus größeren Molekülen bestehen. Das Mandelöl
wird durch Kaltpressung aus Mandelkernen gewonnen. Wegen seines
hautpflegenden Charakters ist es für al e Hauttypen geeignet und macht nach dem
Auftragen eine samtig weiche Haut. Das Mandelöl besitzt zudem reizlindernde,
juckreizstil ende und heilungsfördernde Eigenschaften. Die Haltbarkeit wird meist mit
Auch bei den ätherischen Ölen lege ich Wert auf einen hohen Anteil an
hautpflegenden Inhaltsstoffen. Jedes ätherische Öl hat abhängig von seiner
chemischen Zusammensetzung eine Wirkung auf körperlicher und psychischer
Ebene. Beim Lichen sclerosus verwende ich gerne Öle mit beruhigenden und
harmonisierenden Inhaltsstoffen. Die körperliche Wirkung ist abhängig vom
Lokalbefund. Es gibt z.B. ätherische Öle mit hautberuhigender, juckreizstil ender,
antibakteriel er oder antimykotischer Wirkung. Somit ist die Wahl der ätherischen Öle,
die dem Mandelöl zugesetzt werden, abhängig vom Lokalbefund des Patienten und
wird von mir individuel auf das jeweilige Hautbild und die psychische Konstitution
des Patienten angemischt. Gerne von mir verwendete Öle sind hierbei Sandelholz,
Lavendel, Palmarosa, Ylang-Ylang und Rosengeranie.
Da der Lichen sclerosus eine Autoimmunerkrankung ist, sol te die Fehlreaktion
gegen die körpereigene Struktur zusätzlich durch eine antientzündliche und
antial ergische Basistherapie mit Heilpflanzen unterstützt werden.
NATUM-Tag Baden-Baden 2010 Abstracts ___________________________________________________________________ So sticht es sich am effektivsten – wirkpotenzierte TCM-Akupunktur
Dr. Susanne Bihlmaier, Tübigen
Kennen Sie das? Eine Patientin reagiert gut auf Ihre Akupunktur-Punkteauswahl, die
nächste Patientin mit genau der gleichen Diagnose und Symptomatik hingegen
verspürt viel weniger an Heilerfolg. Woran liegt’s?
Beeindruckende Wirkverbesserung bietet die Einbeziehung der traditionel
chinesischen 5-Elemente-Lehre. In China als „unmodern“ fast in Vergessenheit
geraten, wurde die 5-Elemente-Lehre bei uns im Westen ob ihrer Aussagekraft
kritisch durchgecheckt. Die nähere Durchleuchtung hat sich gelohnt, denn das in sich
koherente und rationale Denksystem vermag den Akupunkturerfolg deutlich
wahrnehmbar zu steigern- und damit die Zufriedenheit Ihrer Patientinnen.
Im Kurzvortrag gibt es praxiserprobte Tipps zur TCM-erweiterten Individual-
Literatur zum Nachlesen: „Die Akupunktur“, KVM Verlag, 2. Auflage
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